Interview von Stefan Lehnen mit der Vorsitzenden Franziska Bammert

Sie waren ja auch Schülerin des Kepler-Gymnasiums. Erinnern Sie sich gerne an ihre Zeit dort?

 

Auf jeden Fall. Deswegen machen wir jetzt mit euch Projekte. Wir versuchen das, was wir gelernt haben, in der Zeit während wir in der Welt unterwegs sind, wieder zurück an das Kepler zu bringen.

 

1. Wie kamen Sie auf die Idee Connect minds 4 change zu gründen?

 

Wir haben die Kinder in Manila kennengelernt und haben angefangen zu unterrichten. Irgendwann haben wir gesagt: „Es gibt auch viele andere, die sich dafür interessieren, zu unterrichten. Vielleicht gibt es auch den ein oder anderen, der finanziell unterstützen kann, wie z.B. das Material für die Schüler zu kaufen. Damit dies offiziell gemacht werden kann, muss man registriert sein und einen Verein gründen. Zuerst wollten wir uns einer anderen Organisation anschließen. Das hat aber nicht funktioniert, weil die gesagt haben, dass sie schon genügend Projekte bzw. viel zu viele Projekte haben. Dann habe ich mit einem befreundeten Vorsitzenden einer Organisation gesprochen. Diese meinte: „Franzi, eigentlich hast du alles. Du hast im Management gearbeitet, du weißt wie man eine Organisation führt, ihr habt die Lehrer, ihr wisst was für ein Projekt ihr machen wollt und ihr wisst eigentlich auch, wer spenden könnte. Macht es doch einfach selber.“ Damals hat sich das noch einfach angehört. Daraufhin haben wir es selber gemacht und versucht. Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Es hat ungefähr ein Jahr gedauert, bis wir dann tatsächlich gegründet haben und registriert wurden.

 

2. Was genau macht Connect minds 4 change?

 

Wie der Name sagt: Connect minds 4 change verbindet die Köpfe, um die Welt zu verändern. Zum einen sind wir auf den Philippinen. Da machen wir Unterrichtsprojekte, versuchen für Leute etwas Rückenwind zu generieren, die es schwieriger haben und benachteiligt sind, wie z.B. im Vergleich zu uns im Schwarzwald. Zum anderen machen wir Projekte an Schulen, wie zum Beispiel bei euch am Kepler – Gymnasium, hauptsächlich im Schwarzwald oder in Deutschland, einfach um ein Fenster zu schaffen, das man öffnen kann, bei dem man rausschauen kann und sehen kann: Was gibt es eigentlich noch außerhalb vom Schwarzwald? Wie sieht da die Welt aus?

 

3. Was halten Sie von den Workbooks, die wir in unserer AG erstellt haben?

 

Die sind total toll. Zum einen finde ich es toll, dass ihr euch mit dem Thema auseinandergesetzt habt und wirklich Workbook Blätter erstellt habt, die Sinn machen und die wir verwenden können. Ihr habt das auf Fotos gesehen, die wir gemacht haben, dass wir genau solche Blätter bei unserem Unterricht verwenden. Das ist für uns erst einmal hilfreich, aber auch richtig toll zu sehen, dass ihr auch versteht, was wir da machen oder wie es auf der anderen Seite der Welt ausschaut. Für uns ist das toll, dass wir das anscheinend so gut rüberbringen können oder ihr euch es auch erarbeitet habt.

 

4. Warum ausgerechnet die Philippinen?

 

Das war ein Zufall. Vor drei vier Jahren habe ich eine Freundin besucht. Aus dem einen Urlaub wurden dann mehrere Urlaube und irgendwann wollte ich auf den Philippinen ganz normal arbeiten. Während ich überlegt habe, was ich arbeite, habe ich die Kinder kennengelernt. Dann bin ich zwar wieder nach Europa zurückgekommen, aber danach hat es mit der Organisation angefangen und jetzt arbeite ich zwar halb auf den Philippinen, bekomme aber aktuell auch kein Gehalt. Wir machen das alle ehrenamtlich. Alle die im Verein arbeiten, alle Lehrer die vor Ort unterrichten, derjenige, der die Post reinträgt, also alle, die irgendwie mithelfen machen das ehrenamtlich.

 

5. Wie oft reisen Sie selbst auf die Philippinen?

 

Also mein Traum oder meine Idee wäre, dass ich zwölf Monate im Jahr auf den Philippinen bin, aber realistisch ist es nicht so. Jetzt bin ich zum Beispiel 10 Monate schon hier, das hat einfach den Grund, dass ich viel Papierarbeit erledigen muss und ich hier gebraucht werde. Wenn ich drüben gebraucht werde, gehe ich rüber auf die Philippinen, solange das aber läuft, kann ich hier sein und irgendwann funktioniert es vielleicht hier in Europa und auf den Philippinen. Dann machen wir vielleicht 50:50 jedes Jahr, also so wie ich gebraucht werde.

 

6. Nun haben Sie viel mit menschlichem Leid zu tun. Was war das schlimmste Erlebnis mit den Menschen auf den Philippinen?

 

Ich weiß gar nicht ob ich das erzählen sollte. Da passieren schon sehr schlimme Dinge und man sieht auch sehr schlimme Dinge. Und für mich war das schockierendste Erlebnis, als ich selber in Manila unterrichtet habe. Ich war mehrere Monate unten und kannte die Kinder eigentlich alle. Dann hatte eine von den Mädchen einen Verband am Fuß und ich dachte: „Sie beschwert sich nicht weiter, sie wird sich irgendwie gestoßen oder geschnitten haben oder wie auch immer.“ Nach drei Tagen ist der Verband abgegangen, da er etwas versifft war. Wenn man im Slum wohnt ist es nicht immer so sauber. Man hat gesehen, dass von dem Fuß die ganze Sohle, also die Haut, weg war, weil sie sich ganz arg böse verbrannt hatte. Und das zu sehen hat mich sehr schockiert. Wenn man im Slum wohnt, ist es immer dreckig. Das ist, wie wenn man hier im Park übernachtet und da ist bei uns der Park wahrscheinlich noch sauber. Das heißt, wenn man eine offene Wunde hat, dass die gut versorgt werden muss. Ich habe zu der, die am nächsten stand gemeint: „Du fährst jetzt sofort mit ihr ins Krankenhaus und lässt den Verband wechseln.“ An den folgenden Tagen war das erste, was ich gemacht habe, dass ich irgendeinen angewiesen habe, mit ihr ins Krankenhaus zu fahren, um den Verband wechseln zu lassen. Auf den Philippinen haben sie ein ganz anderes Verständnis für Wunden oder Verletzungen. Das war wirklich eine schlimme Wunde. Ich weiß nicht, was daraus geworden wäre, wenn man den Verband nicht täglich gewechselt hätte. Es war schlimm zu sehen, dass sie drei Tage lang nichts gesagt hat, das heißt, sie stand selber noch so unter Schock, dass ihr das nicht weiter aufgefallen ist. Das war, glaube ich, das schlimmste Erlebnis überhaupt.

 

7. Was war Ihr größter Erfolg bei dem Projekt?

 

Der größte Erfolg war: Jetzt im April ist das Schuljahr zu Ende gegangen, die Sommerpause hat angefangen. Eine der Schülerinnen, bei der ich gedacht habe: „Die bekommen wir nie in die Schule, weil sie eine schlimme Vergangenheit hat.“ Aber sie hat das Schuljahr bis zum letzten Schultag fertig gemacht. Sie war ein ganzes Schuljahr in der Schule, nachdem sie bei uns im Projekt war. Und anschließend ist sie ein volles Schuljahr in die richtige Schule gegangen. Das war ein guter Erfolg.

 

8. Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Projekts? Wo soll es hingehen?

 

Es gibt viele Projektideen. Wenn wir die verwirklichen könnten oder auf jeden Fall ausprobieren könnten, ob sie Sinn machen, wäre das toll. Wenn wir außerdem das Unterrichtsprojekt, das wir in Manila machen, noch an weiteren Stellen machen könnten, mit mehr Freiwilligen und mit mehr Lehrern, wäre das toll. Es gibt ja Millionen von Straßenkindern auf den Philippinen. Es gibt noch viel schlimmere Viertel als da, wo wir im Moment unterrichten. Wenn man das Projekt mit mehr Kinder machen könnte, wäre das phantastisch und vielleicht studiert der ein oder andere irgendwann. Aber das sind Zukunftsvisionen

 

Wie kamen Sie auf die Idee, dass die T – Shirts grün sind?

 

Wir haben uns irgendwann überlegt, dass wir T – Shirts haben müssen, damit man uns erkennt. Witziger Weise sehen für uns, wenn wir nach Asien gehen, alle Asiaten gleich aus. Wenn die Asiaten uns anschauen, schauen wir für sie alle gleich aus. Dann haben wir gesagt: „Wir machen das mit den grünen T – Shirts, damit wir erkennen, wer derjenige ist, der gerade unterrichtet. Zum anderen ist das ein Signal, dass der, der das T – Shirt anhat, sich an einen Verhaltenscodex hält. Außerdem wissen alle Kinder, die uns kennen, dass sie sicher sind, dass wir ihnen freundlich gegenüber gestimmt sind und wenn sie Hilfe brauchen, können sie uns ansprechen.“ Das T – Shirt ist eine Institution, das ist nicht mehr nur eine Person. Früher haben sie mich gekannt. Aber da ich nun auch andere Funktionen in der Organisation habe, kann ich nicht 365 Tage im Jahr da sein. Wichtig ist aber, dass sie wissen, dass jemand da ist und dass sie demjenigen der da ist, genauso vertrauen können wie mir. Und so ist das mit dem T – Shirt entstanden. Die Herkunft der Farbe Grün des T – Shirts ist ganz banal. Wir haben einfach T – Shirts gebraucht und dann haben wir geschaut, von welchen Farben es viele Dinge gibt. Das war dieses apfelgrün. Abgesehen davon ist es auch eine markante Farbe. Also manchmal haben Dinge bei uns ganz praktische Gründe.